Das Kiesgrubenprojekt

Foto: T. Raake Flensburg

Im Zuge des Osttangentenbaus sind im Verlauf der heutigen Trasse Erdbewegungen in ungeheurem Umfang durchgeführt worden. Dies geschah zum Einen, um den Anwohnern der umliegenden Stadtteile den notwendigen Lärmschutz zu sichern. Andererseits war auch nicht überall der Baugrund von solcher Beschaffenheit, wie es für den Straßenbau erforderlich war. So entstand an der Ringstraße / Einmündung Eckernförder Landstraße (Westseite) eine Bodenabbaufläche, aus der der für den Straßenbau benötigte Kies abgebaut und welche dann in Teilen mit aus der Trasse entfernten Mergel / Lehm  wieder aufgefüllt wurde.

Nach Ende der Bauphase sollte die Fläche dann als Ausgleichsfläche dem Naturschutz zur Verfügung gestellt werden. Ausgleichsflächen dienen gemäß der Naturschutzgesetze grundsätzlich der Wiedergutmachung für Eingriffe zum Beispiel durch Neuversiegelung von Boden oder Verschandelung des Landschaftsbildes.

Obwohl sich der BUND  im Zuge des Beteiligungsverfahrens intensiv gegen den Bau der Tangente ausgesprochen hatte, wurden wir 2007 von der Stadt Flensburg angesprochen, ob wir bereit wären, die Pflege dieser Fläche zu übernehmen. Die Fläche zeigte sich schon zu dem Zeitpunkt als echte Arten-Schatzkiste und so haben wir uns zu einem Ja entschlossen.  Im Februar 2008 kam es zu dem Pachtvertrag zwischen der Stadt Flensburg (technischen Betriebszentrum) und uns über die 6,95 ha große, ehemalige Kiesgrube.

 

Bunde Wischen e. V. pflegt buntes Wieschen

Bei einem Spaziergang im Sommer über das Gelände wird es offenkundig: bei der ehemaligen Kiesgrube handelt es sich um eine bunte Wiese, besser: Weide. Bisher haben wir 59 verschiedene Kräuter und 12 Gräserarten feststellen können. Und wir haben bestimmt noch nicht alle gefunden. Das Landesamt für Umwelt bezeichnet schon Grünlandflächen mit einer Artenzahl über 20 als bemerkenswert.

Woher kommt hier nun dieser Reichtum? Eine Ursache ist in den unterscheidlichen Bodenarten zu finden: da ist der freigelegte Kies, der überall zu Tage tritt und da ist auch die große Aufschüttung aus Mergel / Lehm, die ganz andere Lebensbedingungen für Pflanzen bietet. Weiter gibt es über das Gelände verteilt alle Feuchtigkeitsstufen: ganz trocken an den steilen Sandhängen bis hin zu ganz nass in den Flachwasserbereichen. Und das Wichtigste: die Fläche wurde natürlich noch nie gedüngt, weil sie nach Bodenabbau nicht landwirtschaftlich genutzt, sondern direkt dem Naturschutz überlassen wurde. Von Dünger profitieren vor allem grasartige Pflanzen.

 Aber die Vielfalt ist in Gefahr: an sehr vielen Stellen haben sich auf dem unbewachsenen Boden Weidengebüsche ausgesäet. Wenn diese ungestört aufwachsen, überwuchern sie alles und verdrängen die lichtbedürftigen kleinen Kräuter. Früher oder später würde sich der gesamte Bereich in eine artenarme Gehölzfläche entwickeln.

 So haben wir frühzeitig mit Bunde Wischen e. V. eine Pflegevereinbarung geschlossen, die vorsieht, dass im Winter Robustrinder die Fläche abweiden. Robustrinder wie Galloways oder schottische Hochlandrinder haben wie fast alle Rinderrassen mit der Kälte keine Probleme aber bieten zusätzlich die Eigenschaft, dass sie auch mit karger Futtergrundlage klarkommen, eben auch mit dem ungedüngten, grasarmen Aufwuchs in der ehemaligen Kiesgrube. Und das sollen sie vor allem im Winter tun, damit im Sommer die Blümchen blühen und sich aussamen können.

 

Ein besonderes Gelände lockt auch besondere Bewohner herbei

Wer sich im Frühsommer an das Hecktor setzt und ein wenig das Treiben an den Wasserflächen beobachtet, wird erstaunt sein: hier sind ganz andere Vögel als sonst in Angeln anzutreffen. Kiebitze führen ihre akrobatischen Balzflüge über der Mergelzunge durch. Der Austernfischer warnt lautstark seine Kumpel, sobald er uns als Besucher entdeckt hat. Es handelt sich um Vogelarten, die man eher an der Küste erwartet und die inzwischen immer seltener geworden sind. Aber die seichten Uferbereiche und nur schütter bewachsenen Stein- und Kieshaufen bieten den Tieren genau den Lebensraum, den sie für ihre Jungenaufzucht benötigen.

 Noch! Je mehr das Gelände verbuscht, desto schneller werden sie verschwinden. Deswegen ist es so wichtig, dass die Rinder das Gelände offenhalten. Und wenn sie es allein nicht schaffen sollten, werden wir zur Not mit der Säge nachhelfen. Damit wir den Gesang der Feldlerchen an einem autoarmen Morgen noch möglichst lange genießen können.

 

Und Kröten kommen!

Die Gewässer mit ihren unterschiedlichen Tiefen bieten ideale Voraussetzungen für verschiedene Amphibienarten. Wenn man abwarten würde, würden sich im Laufe der Zeit die verschiedenen Arten einstellen bzw. im Gefieder von Enten als Laich importiert werden. Aber der Mensch neigt ja bekanntlich zur Ungeduld und so werden seit 2010 je nach Verfügbarkeit Jungtiere in den fischfreien Gewässern ausgesetzt.

Allein über 300 Laubfrösche sind im Jahr 2010 hier durch das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume ausgesetzt worden. Hinzu kommen Aussetzungen von Kreuzkröten, die es noch vor 50 Jahren flächendeckend auf der Geest gab, die aber heute sehr selten geworden sind.

Beiden gemeinsam ist der Anspruch an sich extrem erwärmende Laichgewässern, ein Umstand, der in der „normalen“ Landschaft selten geworden ist, weil die meisten ganz flachen Gewässer längst wegdrainiert wurden, aber den wir hier in windgeschützter Lage und ausgedehnten Flachwasser-bereichen gut bieten können. Außerdem dürfen sich keine Fische in den Gewässern befinden, da sie jeglichen Laich auffressen würden. Weil die flachen Gewässer im Winter leicht vollständig durchfrieren, sind also beste Bedingungen gegeben, dass die ausgebrachten Arten sich irgendwann von allein hier vermehren können. Eine Oase für Kröte & Co.

 

Eine Bitte!

In der Kiesgrube ziehen Tiere ihre Jungen auf, die vergleichsweise große Scheu vor Menschen und Hunden haben. Bitte gehen Sie während der Brut- und Setzzeit nicht in das Gelände. Und bitte lassen Sie Ihren Hund niemals ohne Leine dort laufen. Bleiben Sie einfach am Hecktor. Von hier läßt sich das Gelände perfekt überblicken. Sie sind herzlich eingeladen, mit dem Fernglas zu beobachten, was sich auf der Fläche tut.

 

 



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